Themenblatt - Unverdient und Einkommen
Eine wesentliche Legitimation der herrschenden Logik ist ihre mathematische Genauigkeit, das Rechnen mit x Stellen hinter'm Komma, das Äquivalenzprinzip, die algebraische Gleichung, die Bilanzierung. Die Geldlogik behauptet, dass die ganze Wirtschaft rational funktioniere, dass alles stimme und jedes Ergebnis verdient sei. Dieses Selbstlob entspringt aber einer tautologischen Argumentation. Um die Behauptung zu begründen, müsste ein Standpunkt außerhalb der zu beurteilenden Logik eingenommen werden. Tatsächlich wird die Tatsache, dass überall ständig und exakt gerechnet wird, zu der grundlegenden Bewertung aufgeblasen, dass der Markt von sich aus gar nicht anders könne, als korrekte Ergebnisse zu liefern.
Z.B. bei den Einkommen: Sie seien die Belohnung für entsprechende Leistung. Sie spiegelten – soweit sie frei auf dem Markt ausgehandelt seien- den exakten Preis für die jeweilige Ware Arbeitskraft wider. Um diese Behauptung überprüfen zu können, müsste man die Leistung aber nach einem unabhängig gewählten inhaltlichen Kriterium bewerten, um das Ergebnis dann mit der Zuteilung des Marktes zu vergleichen. Wie soll das gehen, wer soll das machen? Faktisch wird deshalb immer nur behauptet , dass der Markt schon „seine“ Gründe habe.
Dagegen läßt sich anführen:
- Verdient wird überhaupt nur in der Geld-Welt, dort wo das Wertgesetz herrscht. Damit fällt ein großer Teil (über 60%) der gesellschaftlichen Leistungen (Versorgung, Erziehung, care Economy - eben die typische „Frauenarbeit“) völlig aus der Geld/Verdient- Logik heraus. Aber auch alles, was NICHT über Geld geregelt wird: Nachbarschaftshilfe, Hobby, Ehrenamt usw.
- Durch die Warenförmigkeit wird JEDE Leistung positiv bewertet, alles zu „Gütern“- auch wenn es sich um „Schlechtes“ bzw. Schädliches handelt. Der Markt KANN diese Unterscheidung innerhalb seiner Logik nicht machen, deshalb reicht eben auch diese Logik nicht weit.
- Der Markt ist ausgesprochen kurzsichtig, weil er die kurzfristig erfolgreiche Leistung honoriert und nicht den Dauererfolg oder Ziele in der Zukunft, also eine wertende Vorentscheidung fällt.
- Der formale Leistungsbegriff kann sich nur auf die individuelle Leistung eines Verdieners beziehen. Diese läßt sich aber immer weniger von den (Vor-) Leistungen anderer bzw. der gesamtgesellschaftlichen Struktur isolieren. Bei der immer komplexer, globaler werdenden Arbeitsteilung ist das nicht nur ungerecht, sondern auch volkswirtschaftlich schädlich, weil so Kooperation und langfristiges Engagement benachteiligt werden.
Natürlich lassen sich innerhalb der Geld-Logik die Maßstäbe und Relationen optimieren- wie bei der Notengebung in der Schule. Aber das Grundproblem löst sich erst mit der neuen Logik von unverdient.de: Wenn Menschen aus eigenem Interesse tätig werden, wenn sie nicht mehr ihre Lebensenergie bei einer ungeliebten, überflüssigen, vielleicht sogar schädlichen Arbeit verausgaben müssen, deshalb nicht mehr über den entsprechenden Verdienst dafür entschädigt werden wollen und gleichzeitig freie Güter für sich nutzen können, die andere ebenfalls gerne herstellten: Dann entfiele auch jede Rechnerei, Vergleicherei, Selbstvermarktung, sekundäre Motivation usw. Unverdient wäre dann ALLES.
Uli
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